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Nährwertangaben verstehen
In Europa und vielen anderen Ländern der Welt ist es vorgeschrieben, dass bei allen abgepackten Lebensmitteln die Nährwerte angegeben werden müssen. Verbraucherinformation ist eine tolle Sache und auch wir schauen beim Einkaufen oft und gerne auf die kleine Liste mit den Angaben für Brennwert, Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker Ballaststoffe und Salz.
Auch auf allen Produkten des l-carb shop sind diese Werte sowohl auf der Packung als auch im Online Angebot aufgeführt. Trotzdem kommt es immer wieder zu Fragen.
In der Tat ist es so, dass diese Werte, die wie das Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchungen erscheinen, durchaus erklärungsbedürftig sind, vor allem wenn man versucht, sich low carb zu ernähren.
Der Grund liegt darin, dass die Zusammensetzung von Lebensmitteln gar nicht so einfach zu ermitteln ist!
Jedes Lebensmittel besteht aus tausenden verschiedenen Stoffen. Es gibt unendlich viele unterschiedliche Fette, Eiweiße, Ballaststoffe und Kohlenhydrate. Selbst die Zuordnung von Stoffen zu einer dieser Kategorien ist nicht immer eindeutig. Die Konzentration aller chemischen Verbindung zu ermitteln, aus denen es besteht, ist bisher für kaum ein Lebensmittel vollständig gelungen.
Je nach Aufwand, den man also für die Ermittlung der Zusammensetzung treibt, würden so die Ergebnisse in vielen Fällen erheblich variieren.
Deshalb ist in einer EU Richtlinie nicht nur die Kennzeichnung, sondern auch das Verfahren zur Ermittlung vorgegeben.
Leitgedanke war jedoch nicht möglichst große wissenschaftliche Genauigkeit, sondern mehr die Etablierung von praktikablen Verfahren und eine gute Vergleichbarkeit.
Dieser an sich sehr gute Ansatz hat jedoch seine Tücken, besonders für Low Carbler. Leider muss man verstehen, wie diese Werte zustande kommen, um sie wirklich richtig zu interpretieren.
1. Wie werden die Inhaltsstoffe ermittelt?
Die Menge der in einem Lebensmittel enthaltenen Inhaltsstoffe dürfen gemessen, berechnet oder aus einschlägiger Literatur übernommen werden. Man könnte meinen, die Messung sei dann die genaueste Methode. Wenn man jedoch bedenkt, dass es sich bei Nahrungsmitteln meist um Naturprodukte handelt, und dass eine Frucht nicht wie die andere ist, macht es durchaus Sinn, die eigenen Messergebnisse mit Werten aus wissenschaftlichen Publikationen zu vergleichen.
Inhaltsstoffe von verarbeiteten Lebensmitteln werden in der Regel aus der Zusammensetzung an Rohmaterialien errechnet.
1.1. Bestimmung von Wasser, Mineralien und Salz
Die einfachen chemischen Substanzen wie Wasser, Kochsalz und andere Mineralische Salze lassen sich sehr einfach und genau bestimmen. Durch Erhitzung auf 160°C verdampft alles Wasser und aus dem Gewichtsverlust läßt sich der Wasseranteil in der Ursprungsprobe messen. Erhitzt man noch höher auf über 500 °C verbrennen alle organischen Substanzen und zurück bleibt der Mineralanteil der Probe. Der Kochsalzanteil läßt sich einfach chemisch durch Titration ermitteln.
Warum in der Verbraucherinformation immer noch ausgerechnet das Koch-Salz angegeben ist, ist uns unverständlich. Ähnlich wie bei den ungesättigten Festtsäuren ist die lange angenommene Gefährlichkeit von Salz mittlerweile mehr als umstritten.
Der Wasseranteil, den wir bei unseren Produkten oft angeben, wäre aus meiner Sicht viel interessanter.
1.2.Angabe des Fettanteils
Die genaueste Angabe in einer Nährwerttabelle ist der Fettanteil. Mit den richtigen Verfahren lassen sich die Fettsäuren aus einem Lebensmittel fast vollständig herauslösen und man kann dann wiegen.
Auch der Anteil an gesättigten Fettsäuren läßt sich recht einfach und genau ermitteln.
Nachdem sich herausgestellt hat, dass die Verteuflung von gesättigten Fettsäure ein wissenschaftlicher Irrtum war, könnte man hier die Frage stellen, warum nicht anstatt ungesättigter Fettsäuren hier die gefährlichen Transfettsäuren angegeben werden. Dafür ist die Lobbymacht der Margarinenindustrie in Brüssel wohl immer noch zu groß!
1.3. Angabe des Eiweißanteils
Wesentlich ungenauer ist dann schon die Angabe des Eiweißanteils. Eiweißmoleküle besitzen ein Stickstoffatom. Durch Bestimmung des Stickstoffanteils in der Probe lassen sich dadurch Anhaltspunkte für den Proteinanteil ziehen. Für die Nährwertkennzeichnung ist vorgeschrieben, den gemessenen Stickstoffgehalt mit dem Faktor 6,25 zu multipizieren und den gefundenen Wert als Eiweißgehalt anzugeben. Der Faktor 6,25 ist aber nur ein Mittelwert über viele in Lebensmitteln vorkommende Eiweißsorten . So kommen bei Milchprodukten durch dieses Verfahren regelmäßig zu hohe Werte heraus, bei pflanzlichen Eiweißen wie zum Beispiel Weizenkleber zu wenig. Diese durch ein Gesetz festgeschriebene Ungenauigkeit führt zu Fehlern bis zu 10%. Weitere Ungenauigkeiten kommen durch andere auch aus Stickstoff bestehenden Substanzen zustande.
1.4. Angabe von Ballaststoffen und Kohlenhydraten
Die Anzahl der Stoffe, die sich unter den Begriffen Ballaststoff und Kohlenhydate zusammenfassen lassen ist unglaublich groß. Rein chemisch gesehen sind auch alle Ballaststoffe Kohlenhydrate. In der Amerikanischen Nomenklatur der Nährwertangaben sind unter "Carbohydrates" auch immer die Ballaststoffe mitgezählt, was bei Produkten die international vermarktet werden immer für Verwirrung sorgt.
Regelung in USA und vielen Teilen der Welt:
"Carbohydrates" umfassen alles, was nicht Fett, Eiweiß, Mineralien (Asche) oder Wasser ist. Von dem so ermittelten Wert können dann noch mal "Dietrary Fiber" und "Sugars" getrennt ausgewiesen werden. Des weiteren ist es nicht ungewöhnlich, dass die für Low Carbler eigentlich entscheidenden verwertbaren Kohlenhydrate (also Zucker und Stärke, die mit Insulin verstoffwechselt werden ) auch noch extra als "Net Carbs" dargestellt werden.
Regelung in der EU
In der EU umfasst der Wert der Kohlenhydate nicht die Ballaststoffe. Die Ballaststoffe werden extra bestimmt . Ähnlich wie in den USA wird dann der Rest als Kohlenhydrat deklariert und Zucker extra ausgewiesen.
Probleme bei der Ballastoffbestimmung
Nach EU Verordnung wird der Ballastoff Anteil nach der Prosky Methode bestimmt. Diese baut nach der Entfernung von Fett, Eiweiß und Mineralstoffen die enthaltene Stärke ab. Der Verbleibende Rest wird als Ballastoff deklariert. Leider ist der enzymatische Abbauprozess nicht so trennscharf wie erwartet. Nicht als Stärke verstoffewechselte (und damit für Low carbler attraktive) Stoffklassen wie resistente Stärke und nicht lösliche Oligosacharide werden mit abgebaut. Das Ergebnis ist, dass der angegeben Ballastsoffanteil des Lebensmittels zu gering, der Anteil and Kohlenhydraten zu hoch angegeben wird. Für viele Lebensmittel spielt das keine Rolle. Leider gibt es Lebensmittel, bei denen es recht viel ausmacht. 20% der Stärke in Haferflocken sind resistente Stärke . Oligosacharide bilden die Hälfte der Kohlenhydrate in Frühlingszwiebeln, die dadurch für Low Carbler wesentlich attraktiver werden. Auch wir haben uns durch diese Falschmessung davon abhalten lassen Lupinenmehl zu nutzen, da uns der angegebene Kohlemhydratanteil zu hoch war. Tatsächlich sind fast alle Carbs in Lupínen Oligosacharide und für Low Carb prima geeignet.
Auch grüne Bohnen und Erbsen sind durch den Messfehler viel besser für Low carb geeignet, als die Nährwerttabellen vermuten lassen
2. Problem der Kohlenhydratdeklaration für Low Carbler
Die Bestimmung des Kohlenhydratanteils als "Rest" ist für Low Carbler sehr problematisch.
Zum einen potenzieren sich alle Fehler der anderen Bestimmungsmethoden.
Beispiel: Durch die Ungenauigkeit in der vorgeschriebenen Bestimmungsmethode für Eiweiß wird der Anteil des Glutens im Weizenkleber immer 5% zu gering angegeben. Zum Beispiel 80% statt in Wirklichkeit 85%. Daraus resultiert, dass die verbleibenden Kohlenhydrate bis zu 3 fach zu hoch deklariert werden müssen.
Für viele Lebensmittel ergibt die vorgeschriebene Bestimmungsmethode für Ballaststoffe total falsche Werte. So wird zum Beispiel der Ballaststoff Inulin nicht als solcher erfasst, sondern den Kohlenhydraten zugerechnet. Für die sehr inulinhaltigen Lupinen ergibt sich dadurch ein total falscher Kohlenhydratwert. Dies gilt leider auch für viele Gemüse.
Besonders problematisch ist die Zuordnung von Zuckeralkoholen (Polyolen). Diese eigentlich wie Ballaststoffe oder gar nicht verstoffwechselten Stoffe (d.h. diese werden nicht wie Zucker oder Stärken im Dünndarm unter Freisetzung von Insulin verarbeitet, sondern - wenn überhaupt - im Enddarm von Darmbakterien in Eiweiß und Fett umgesetzt) werden nach EU Vorschrift bei den Ballastsoffen nicht erfasst.
Die Regel: "der Rest sind Kohlenhydrate" sorgt dann dafür, dass diese den Kohlenhydaten zugerechnet werden, obwohl sie da überhaupt nicht hingehören.
Für speziell für Low Carbler wichtigen Zuckeralkohole enthaltene Lebensmittel wie Schokoladen, Gummibärchen oder Bonbons ergibt sich damit das Problem, dass trotz des Austausches des Zuckers durch Zuckeralkohole die angegebenen Kohlenhydratwerte exakt gleich hoch bleiben. Dies gilt selbst für den natürlichen Zuckerersatzstoff Erythritol, welches bekannter Weise gar nicht verstoffwechselt wird.
Deshalb sollten Low Carbler in allen Fällen, in denen Polyolen in der Nährwerttabelle extra aufgeführt sind, diese von dem Wert der Kohlenhydrate abziehen. Dann schmecken die Gummibärchen gleich viel besser! ;-)
An dieser Stelle sei noch auf ein Spezifikum des EU-Vorgehens bezüglich Ballaststoffen hingewiesen. Während nach US Norm zwischen verdaulichen und unverdaulichen Ballaststoffen unterschieden wird und bei der Brennwertberechnung erstere mit 14 kJ/g und letztere 0kJ/g bewertet werden, hat sich die EU hier für eine Mittelwertbildung und 8kJ/g für alle Ballaststoffe entschieden. Bei reinen Ballaststoffprodukten wie z.B. Flohsamen oder Guarkernmehl hat dies Brennwertangeben zur Folge, die bis zu 1000% von der Wirklichkeit abweichen.
4.Angabe des Brennwertes
Ganz absurd wird es jetzt, wenn wir zur Angabe des Brennwertes (der Kalorien) kommen. Diese wohl meist beachtete Angabe der Nährwerttabelle ist gleich auch der ungenaueste.
Während die Naturwissenschaft unter dem Brennwert etwas sehr definiertes versteht, nämlich die Energie die entsteht, wenn man einen Stoff wirklich verbrennt, ist der physiolgische Brennwert der Ernährungswissenschaft ein sehr theoretisches schwammiges Konstrukt. Er soll angeben, wie viel Energie ein Mensch aus einem Lebensmittel herauszieht. Das unterscheidet sich nicht nur von Mensch zu Mensch und Tag zu Tag, sondern auch von den Ernährungsgewohnheiten, der Zusammenstellung und Menge der Nahrung. Per Definition wird hier auch nicht der Netto-Brennwert (das heißt die Energie, die dem Körper für Aktivitäten zur Verfügung steht), sondern der Brutto Brennwert angegeben, der nicht berücksichtigt, welche Energie der Körper zur Erschließung der Energie benötigt. Da diese bei Zucker und Stärke mit weitem Abstand am geringsten ist, sind die Kalorien aus Fetten und Eiweißen potentiell eigentlich viel zu hoch angegeben .
Kurioserweise wurden die Grundlagen dieser Werte in den 20er Jahren wirklich durch Verbrennungsversuche ermittelt. Man hat Menschen eine bestimmte Menge von Nahrungsmitteln zu essen gegeben. Für diese Menge hat man dann den Brennwert durch Verbrennen ermittlet. Danach hat man noch das was "unten wieder rauskam" verbrannt. Die Differenz mußte dann wohl das sein, was der Körper nutzen konnte.
Wie kommen die Brennwerte zustande?
Basierend auf solchen Messungen und weiteren Erfahrungswerten haben sich dann Ernährungswissenschaftler nach Jahrzenten hitziger Diskussionen auf folgende Mittelwerte geeinigt:
Eiweiß | 17 kJ/g |
Kohlenhydrate | 17 kJ/g |
Fett | 37 kJ/g |
Ballaststoffe | 8 kJ/g |
Alkohol | 29 kJ/g |
Polyole | 10 kJ/g |
Erythritol | 0 kJ/g |
Um also Kalorien zu ermitteln, werden die Inhaltsstoffe (wie oben erwähnt sehr ungenau) ermittelt, mit den Werten der Tabelle multipliziert und dann aufaddiert.
Auch hier gibt es wieder Unterschiede. Je nach Fett, Kohlenhydrat oder Eiweiß kann der "wirkliche" Wert um bis zu 20% abweichen.
5. FAZIT
Würde man Kriterien für seriöse Wissenschaft, wie sie in Physik, Chemie oder Biologie gelten, anlegen, ist die Nährwertkennzeichnung wohl in den Bereich Scharmanentum und Quacksalberei einzuordnen. Da der Einigungsprozess auf dieses Vorgehen in der Ernährungswissenschaft aber sehr schwer und langwierig war, beharren diese heute darauf vehementer, als der Papst auf seine Unfehlbarkeit.
Leider gehen auch Presse und Literatur sehr unkritisch mit dem Thema um und verkauften Kalorienangeben mit x Stellen hinter dem Komma als der Weisheit letzter Schluß.
Nimmt man das EU Ziel, dem Verbraucher Vergleiche zu ermöglichen, kann man vielleicht noch einen Sinn erkennen. Die absoluten Werte sind allenfalls Anhaltspunkte und manchmal schlicht und ergreifend falsch!
Erschreckend finde ich, dass auch der Gesetzgeber wohl nicht näher geprüft hat. Trotz der extrem dünnen wissenschaftlichen Grundlage, ist dieses Vorgehen Grundlage für Gesetze und EU Normen geworden. Das ist, als ob ein Kartenleger in einem Strafprozess zugelassen würde.
Nichtsdestotrotz sind auch wir daran gebunden, uns an die Kennzeichnungsverordnung zu halten. Sind die Ergebnisse dort zu falsch, geben wir ähnlich wie in den USA üblich noch die "verwertbaren Kohlenhydrate" an.